Die Frage nach dem optimalen Antrieb für Verladeanlagen:
Oft gestellt und nur situativ zu beantworten
Manuell, pneumatisch, hydraulisch oder elektrisch – beim Um- oder Neubau einer Verladestation hat man bezüglich des Antriebs die Qual der Wahl. Welcher Antrieb für Ihre Verladeanlage optimal ist, hängt von diversen Faktoren und der jeweiligen Verladesituation vor Ort ab. Zu berücksichtigende Faktoren sind unter anderem: Befindet sich die Anlage in einer ATEX-Zone? Welche Lasten müssen bewegt werden?
Handelt es sich um ein Bodensystem oder um eine Deckenkonstruktion? In welchem Ausmaß müssen zusätzlich zu den Verladearmen oder Schlauchhandlingsystemen noch Sicherheitsklapptreppen und Schutzgitter bewegt werden? Und nicht zuletzt: Welche Anforderungen stellt der Anlagenbetreiber an Energieeffizienz und Ergonomie? Fragen über Fragen also. Um Ihnen die Suche nach den richtigen Antworten zu erleichtern, beleuchten wir hier die Besonderheiten der verschiedenen Antriebe für Verladeanlagen – Zusammenfassung der jeweiligen Vor- und Nachteile inklusive.
Manuelle Bedienung – schnell und kostengünstig
Die manuelle Bedienung bietet sich immer dann an, wenn der Mitarbeiter einen festen Stand hat und sicher greifen kann. Sie ist deshalb besonders für die Bodenverladung geeignet. Da der Kraftaufwand trotz Gewichtsausgleich durch Federkraftzylinder oder Gashydraulik größer ist als bei anderen Antriebsarten, sollte es sich zudem um eine Verladesituation handeln, bei der die Verladeeinheit idealer Weise nur bis ca. 20 Grad nach oben und unten bewegt werden muss. Natürlich spielt auch die Häufigkeit der Anwendung eine Rolle. Muss nur selten etwas verladen werden und macht diese Tätigkeit daher nur einen geringen Teil der Gesamtbeschäftigung des Mitarbeiters aus, spricht vieles für die manuelle Bedienung. Sie ist am wenigsten aufwändig zu installieren und geht am schnellsten. Auch kurze Sicherheitsklapptreppen und kleine Schutzkörbe lassen sich gut manuell bedienen. Ein weiterer Vorteil des manuellen Antriebs für Verladeanlagen besteht in der eher geringen Reparaturanfälligkeit. Aber Achtung, es gibt auch Gefährdungspotenzial: Ein defekter Federkraftzylinder darf niemals von ungeschultem Personal ausgetauscht werden! Aufgrund der Vorspannung der Feder kann es zu Verletzungen kommen.
+ Kostengünstig
+ Schnell und unkompliziert in der Anwendung
+ ATEX-kompatibel
+ Keine zusätzliche Energie erforderlich
- Trotz Gewichtsausgleich ergonomische Belastung
- Nicht für komplexe Verladesituationen und schwere Lasten geeignet
- Für häufige Nutzung ungeeignet
Der Einsatz von Federkraftzylindern erleichtert zwar die manuelle Bedienung, erfordert aber dennoch einen permanenten Kraftaufwand. Mehr ergonomische Erleichterung bringt der Einsatz von Gashydraulik. Sie ermöglicht es zumindest, den Verladearm ohne Kraftaufwand in Position zu halten.
Je nachdem, mit welchen Armaturen Verladearme versehen sind, kann die Belastung des Mitarbeiters schnell über zehn Kilogramm liegen. Dann sollte definitiv eine pneumatische oder hydraulische Lösung gewählt werden.
Pneumatische Antriebe – ein Mehr an Sicherheit und Komfort
Pneumatische Antriebe haben den Vorteil, im Vergleich zum manuellen System für den Bediener wesentlich komfortabler und sicherer zu sein, weil die mechanische Arbeit im Wesentlichen ohne Einsatz von Körperkraft verrichtet wird. Das ist insbesondere bei eher gefährlichen Verladesituationen wie der Leerung und Befüllung von Tankfahrzeugen hilfreich. Bei vollpneumatischen Systemen muss der Bediener sogar nur noch zum Öffnen des Deckels aufs Fahrzeug. Die Steuerung des eigentlichen Verladeprozesses erfolgt dann per Knopfdruck von der Verladebühne aus. Da Druckluft in der Regel an Industriestandorten immer vorhanden ist, lassen sich pneumatische Antriebe meist recht kostengünstig und ohne großen Aufwand installieren. Umso mehr gilt dies, wenn es sich beim Einsatzbereich um eine explosionsgefährdete Zone handelt. Denn Pneumatiksteuerungen mit ATEX-Zulassung sind wesentlich günstiger als entsprechende Hydraulikausführungen mit zusätzlichem Antriebsaggregat. Pneumatische Antriebe haben gegenüber hydraulischen aber auch Nachteile. Pneumatikzylinder sind größer und benötigen demzufolge mehr Raum. Außerdem stoßen Pneumatikantriebe aufgrund des kompressierbaren Betriebsmediums Luft an ihre Grenzen, wenn ein punktgenaues Verfahren gefordert ist und große Lasten bewegt werden müssen. Letzteres führt in der Praxis dazu, dass Pneumatikantriebe zum Beispiel für Konstruktionen mit schweren, an der Decke hängenden Schutzkörben ungeeignet sind, oder einen zusätzlichen Gewichtsausgleich benötigen.
+ Schnell und günstig realisierbar
+ Einfache Handhabung
+ Sicher und wartungsarm
+ ATEX-Kompatibilität ohne großen finanziellen Mehraufwand
- Nicht für besonders schwere Lasten geeignet
- Geringe Energieeffizienz
- Kein punktgenaues Verfahren möglich
- Nicht für Temperaturen unter 0 Grad Celsius geeignet (Bildung Eiskristalle aus Kondenswasser)
Auch bei pneumatischen Antrieben wird zum Gewichtausgleich oft Gashydraulik eingesetzt. Das ermöglicht ein Fixieren – beispielsweise von Klapptreppen – in jeder gewünschten Position.
Hydraulische Antriebe – leistungsstark und präzise
Hinsichtlich der Bedienung und ergonomischen Entlastung sind hydraulische Antriebe wie pneumatische anzusiedeln. Die Handhabung ist sogar noch etwas einfacher, weil noch präziser gesteuert werden kann. Und das unabhängig davon, wie schwer die zu verfahrenden Elemente sind. Bei der vollhydraulischen Variante erfolgt die Steuerung des eigentlichen Verladeprozess über ein Bedienpult von der Verladebühne, so dass der Bediener nur noch zum Öffnen des Deckels auf das Fahrzeug muss. Außer mit ihrer Leistungsstärke können Hydrauliklösungen auch mit ihrer Platzersparnis punkten. Die Zylinder sind im Vergleich zur Pneumatik wesentlich kleiner, was die Verladeanlage insgesamt kompakter macht. Diese Vorteile muss man sich allerdings mit höherem finanziellen Aufwand erkaufen, da Hydraulikaggregate in der Anschaffung teurer sind. Hinzu kommt, dass die Schlauchleitungen regelmäßig gewartet werden müssen um sicherzustellen, dass kein Öl austritt. Das Betriebsmittel Öl ist zudem ein Grund, warum manche Branchen wie zum Beispiel die Lebensmittelindustrie generell eher auf Hydrauliklösungen verzichten, um von vorneherein die potenzielle Kontaminierung des Verladematerials zu vermeiden. Auch in explosionsgefährdeten Bereichen ist von Hydrauliklösungen – zumindest hinsichtlich der Kosten – eher abzuraten. Hydraulische ATEX-Ventile sind rund viermal teurer als pneumatische.
+ Präzise Steuerung ohne Verzögerung
+ Einfache Handhabung
+ Für das Bewegen schwerster Lasten geeignet
- Kostenintensiv in der Anschaffung (vor allem ATEX-zertifiziert)
- Öl als Betriebsmedium
- Relativ wartungsintensiv
Bei Verladearmen oder Schlauchhandlingsystemen gibt es zwei verschiedene Bedienungsmöglichkeiten. Bei der einfachen hydraulischen Ausführung erfolgen das Heben und Senken des Außenarmes hydraulisch über eine Steuerflasche, das horizontale Schwenken erfolgt manuell. Bei der vollhydraulischen Variante erfolgen das Schwenken des Innen- und Außenarms sowie Heben und Senken des Außenarmes hydraulisch. Die Bedienung wird von einem Steuerpult aus und mit Hilfe einer Steuerflasche getätigt.
Elektrischer Antrieb – moderne Lösung im Namen der Ökologie
In den letzten Jahren gewinnen – gerade im Anlagenneubau – elektrische Antriebslösungen zunehmend an Bedeutung. Dies liegt schon allein darin begründet, dass elektronische Steuerungen perfekt für die Implementierung in Industrie-4.0-Systeme geeignet sind. Parameter von Verladeprozessen können ohne Veränderungen an den Komponenten allein über die Programmierung angepasst werden. Darüber hinaus bieten elektronische Steuerungen ein Maximum an Bedien- und Wartungskomfort bis hin zu Diagnosen komplett mittels Fernwartung durch einen externen Hersteller. Der Anlagenbetreiber wird also zusätzlich entlastet. Und sollten einmal Reparaturen anstehen, können diese meist problemlos durch eigene Elektriker ausgeführt werden. Anders als Experten für Hydraulik und Pneumatik sind diese in der Regel in jedem Betrieb vorhanden. Nachteile elektronischer Antriebe sind, dass die Installation vor allem dann teuer wird, wenn erst noch ein Stromanschluss gelegt werden muss, und dass es einen Mehraufwand bedeutet, sie ATEX-konform zu machen. Konkret: Die Steuerungskästen müssen außerhalb der ATEX-Zone platziert werden. Trotz allem besteht kein Zweifel daran, dass elektronischen Antrieben in der Verladung die Zukunft gehört. Und das schon allein deshalb, weil sich mit ihnen sehr gut der ökologische Fußabdruck verkleinern lässt. Gerade in Sachen Energieeffizienz sind elektrische Antriebe und elektronische Steuerungen Pneumatik- und Hydrauliklösungen deutlich überlegen.
+ Optimal bedienerfreundliche Steuerung
+ Integration diverser Zusatzfunktionen möglich
+ Einfache Fehlerdiagnose und Reparatur
+ Sehr energieeffizient
- Stromanschluss erforderlich
Mit der Elektronik hält eine Steuerungsart Einzug in die Verladetechnik, mit der Anwender bereits aus dem privaten Umfeld bestens vertraut sind. Das erhöht zusätzlich den Komfort und vermeidet Fehler in der Handhabung.
Wechsel vom einen auf den anderen Antrieb – in der Regel möglich
Ändern sich die Verladesituation oder die innerbetrieblichen Anforderungen an Energieeffizienz und Mitarbeiterschutz, ist es immer sinnvoll, die bestehende Antriebsart zumindest kritisch zu hinterfragen. Mitunter lassen sich die neu gesetzten Vorgaben wesentlich einfacher und kostengünstiger erreichen, wenn man komplett auf eine neue Antriebstechnologie setzt. Bei entsprechenden Überlegungen ist es definitiv immer von Vorteil, ein auf Verladetechnik spezialisiertes Unternehmen mit ins Boot zu holen, das mit allen Antriebslösungen vertraut ist und dementsprechend unabhängig und ganzheitlich beraten kann. In den Blick genommen werden sollte dabei auf jeden Fall immer die Zukunftstauglichkeit der jeweiligen Antriebe in Bezug auf die jeweilige Verladesituation vor Ort.
Sie haben Fragen zu den Vor- und Nachteilen der einzelnen Antriebe für Verladeanlagen oder möchten sich generell von uns beraten lassen? Wir sind gern persönlich für die da.